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14.02.2021
Haushaltsrede der Fraktion der Freien Wähler

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

verehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,

verehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,

 

zunächst Dank und Anerkennung an die Kämmerei für die Aufstellung und Transparenz des Haushaltsplanes 2021 mit Finanzplanungszeitraum.

Als wir den Haushalt 2020 verabschiedeten, konnte sich noch niemand vorstellen, dass wenige Wochen später alles schlagartig verändert sein würde. Wie eine Naturkatastrophe veränderte die Pandemie alles, warf Planungen und Aussagen über den Haufen, machte vieles zunichte .Es traf die Wirtschaft, die Kommunen, die Vereine, die Familien, die Hilfseinrichtungen und viele mehr. Besonders erwähnen möchte ich die Alten- und Pflegeheime, die Erzieherinnen und die Mitarbeiter in den Kliniken. Unser Dank gilt deshalb all denen, die in dieser Krise bisher schon außerordentliches geleistet haben.

Im Moment kann niemand sagen, wie es Mitte oder Ende des Jahres wirklich aussieht. Da hilft auch kein Blick in die Glaskugel.

Wir Freien Wähler werden uns deshalb nur auf die haushaltsrelevanten und wichtigen Punkte beschränken. Wir werden keine Zahlen nennen, denn diese können in kurzer Zeit schon wieder Makulatur sein. Unsere Lage ist ernst, aber sie ist nicht hoffnungslos, vorausgesetzt wir treffen die richtigen Entscheidungen. Wie noch keine Krise zuvor, nimmt die Corona-Pandemie Einfluss auf unseren Haushalt. Die finanzwirtschaftlichen Folgen treffen uns sowohl auf der Ausgaben wie auch auf der Einnahmenseite.

Die Haupteinnahmenquellen wie Gewerbe- und Einkommensteuer sind eingebrochen. Trotz der Unterstützung von Bund und Land entstehen Einnahmeausfälle, die an der Stadt hängen bleiben. Hat sich schon einmal jemand gefragt, wo wir stehen würden, wenn wir z.B. im letzten Jahr nicht die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer angehoben hätten? Diese Möglichkeit ist allerdings ausgereizt, an dieser Stellschraube können wir nicht mehr drehen. Wir Freien Wähler können für uns in Anspruch nehmen, dass wir stets darauf hingewiesen haben, Wünschenswertes vom Machbaren zu trennen, und auch unpopuläre Entscheidungen mitzutragen.

Es klingt vielleicht zynisch, aber die Pandemie kann auch positive Auswirkungen haben, zumal sie uns zwingt in vielen Dingen neu zu denken, einiges völlig neu zu gestalten.

Tatsache ist, dass wir die weitere Entwicklung der Steuereinnahmen nicht allein in unserer Hand haben. Unser Augenmerk muss zum Einen auf den Prioritäten im Investitionsbereich für die nächsten Jahre liegen. Eine noch engere Abstimmung mit den Stadtwerken ist unabdingbar. Herr Mergler hat uns so eindringlich wie noch nie vor Augen geführt, was passieren muss, wenn wir unsere Infrastruktur im Bereich der Stadtwerke erhalten wollen. Stichwort Werteverzehr.

Die Zeit der Wohltaten nach dem Gieskannenprinzip muss vorbei sein. Unsere Rücklagen sind aufgebraucht, Kreditaufnahmen sind keine Lösung auf Dauer, fraglich ob die Rechtsaufsicht überhaupt mitspielen würde.

Es ist nicht fünf vor Zwölf, sondern eigentlich schon nach Zwölf. Strukturelle Entscheidungen so schmerzlich sie auch sein mögen, sind unausweichlich und müssen getroffen werden.

Wie schon erwähnt, hat die Pandemie in vielen Bereichen unserer Leben verändert. Sie hat die Menschen verändert, gleichzeitig aber auch neue Chancen und Sichtweisen aufgezeigt.

Sie hat uns einen Digitalisierungsschub beschert. Ob Homeoffice, Homeschooling, Deutschland ist digitaler geworden. Die Arbeitswelt ist hybrid geworden, verbunden mit flexibleren Arbeitszeiten.

Wir erhoffen uns deshalb auch Auswirkungen im Personalbereich unserer Verwaltung. Bei was und wo, können wir durch Leistungs- und Aufgabenminderungen Personalkosten einsparen. Bei diesen Überlegungen reden wir nicht von einem kurzfristigen Stellenabbau, sondern wie man weitere Stellenmehrungen vermeiden kann. Nicht jeder Fördertopf muss in Anspruch genommen werden, Bindet die Inanspruchnahme doch immer einen erheblichen finanziellen Eigenanteil und Manpower in der Verwaltung. Nicht alles was hier so im Angebot ist, entpuppt sich dann als winwin-Situation für die Stadt. Diesen Punkt hatte ich schon in der letzten Haushaltsrede angesprochen. Evtl. erübrigt sich in den nächsten Jahre so manche Entscheidung, weil es wahrscheinlich ist, dass die Fördergelder von Bund und Land nicht mehr so üppig fließen.

Experimente können es uns schlicht und einfach nicht leisten.

Den Schwerpunkt legen wir auf dem Erhalt unserer Infrastruktur. Alle Städt. Einrichtungen müssen auf ihre Notwendigkeit, besonders was den Umfang betrifft, unter die Lupe genommen werden. Hier gilt es natürlich nach Pflichtaufgaben und freiwilligen Angeboten zu unterscheiden.

Nice to have ist absolut keine Option mehr.

Was wir aber erwarten ist, dass die Erschliessung des Baugebietes in Sendelbach jetzt schnellstens umgesetzt, und die ersten Bauplatzverkäufe noch in diesem Jahr realisiert werden. Jetzt ist es ihre Aufgabe Herr Bürgermeister, die Mitarbeiter entsprechend einzusetzen. Da schon sehr viel Vorarbeit in den Erwerb der Grundstücke für den Radweg nach Partenstein geleistet wurde, muss sich auch hier endlich was bewegen. (Trotz Corona)

Unser gemeinsames Ziel muss es sein, dass Lohr trotz aller notwendigen Einschnitte weiterhin eine attraktive lebenswerte Stadt bleibt. Ein attraktiver Einzelhandel eine gute Gastronomie sind hierfür unverzichtbar. Es wird eine gemeinsame Kraftanstrengung notwendig sein, ein durch Corona verändertes Einkaufsverhalten umzudrehen.

Ein Baustein dafür ist die Erreichbarkeit der Innenstadt. Wenn wir schon von Verkehrswende und Mobilität sprechen, muss dies ohne ideologische Scheuklappen möglich sein. Alle Verkehrsteilnehmer sollen unserer Meinung nach gleichberechtigt nebeneinander stehen.

Mit der Neuordnung der Linienführung des Lohrliners sind wir auf dem richtigen Weg. Es bleibt nur zu hoffen, dass diese verbesserten Angebote mehr angenommen werden wie bisher. Denn dauerhaft sind die bisherigen Defizite nicht akzeptabel, nicht tragbar.

Was mit uns allerdings nicht zu machen ist, Herr Bürgermeister, sind Überlegungen nach einer Reaktivierung des Stadtbahnhofs. Nicht notwendig und nicht finanzierbar, Vergeudung von “ Hirnschmalz“

Da der Bau des Zentralklinikums so langsam Fahrt aufnimmt, so Gott will soll es 2025 in Betrieb gehen, sind wir dafür, dass wir uns mittelfristig mit einer späteren Nutzung des jetzigen Krankenhausareals befassen. Hierzu gehört für uns dann auch das Postareal. Bevor die Frage aufkommt, warum nicht sofort, ganz einfach, weil zu befürchten ist, dass alle anderen wichtigen Vorhaben sofort wieder hinten angestellt werden. Dazu gehört für uns auch die Sanierung der Grundschule in Sendelbach. Sie wird schon seid Jahren aus den verschiedensten Gründen immer wieder nach hinten verschoben.

Einen weiteren Punkt den ich ansprechen möchte, ist unsere Feuerwehr. Der Brandschutz ist eine Pflichtaufgabe, und unsere freiwilligen Feuerwehren sind unverzichtbar. Sie leisten wertvolle Arbeit für unsere aller Sicherheit. Dafür gebührt Dank und Anerkennung, das sage ich aus voller Überzeugung. Niemand will durch mangelnde Ausrüstung das Leben der Feuerwehrleute gefährden. Wenn ich mir allerdings den in Arbeit befindlichen Feuerwehrbedarfsplan anschaue, dann wird mir Angst und Bange, wie das alles in den nächsten Jahren finanziert werden soll. Jetzt kommen noch die Bauwerksschäden an der Lohrer Feuerwache hinzu. Vieles ist dringend notwendig, aber manches darf hinterfragt werden. Oft ist für mich der Sparwille nicht wirklich erkennbar.

Im Bayrischen Feuerwehrgesetz steht nicht nur was sein muss, sondern, dass alles auch unter dem Finanzierungsvorbehalt, der Leistungsfähigkeit der Kommune steht.

Bisher habe ich vorwiegend nur die Ausgabenseite angesprochen. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Was die Einnahmenseite betrifft, sind es die Gebühren, und hier darf kein Punkt grundsätzlich ausgeklammert sein. Alles muss auf den Tisch, dann erst kann eine Prioritätenliste aufgestellt werden.

Auch das ist für uns nicht neu. Wir haben schon bisher die Meinung vertreten, jede Leistung jedes attraktive Angebot erfordert, ja verdient einen angemessen Preis. Bei uns stimmt das Preis- Leistungsverhältnis schon lange nicht mehr. Weder die Stadtwerke noch die Stadt können es sich weiterhin leisten, auf vertretbare Gebührenerhöhungen, sprich Einnahmen zu verzichten. Das Ziel muss sein, weitestgehend kostendeckende Gebühren zu erreichen.

Ich muss kein Hellseher sein um zu behaupten, das löst keine Jubelschreie aus, liebe Kollegen, dafür gibt’s auch kein Schulterklopfen. Die Alternative wäre eine Verschlechterung unserer Infrastruktur. Dafür gäbe es allerdings auch kein Schulterklopfen, sondern es würde Kritik laut.

Ein weiterer Punkt der keinen Aufschub mehr duldet, sind unsere Städt. Immobilien. Vielleicht gelingt es uns jetzt endlich, und da spreche ich ganz besonders sie an Herr Bürgermeister., „Nägel mit Köpfen zu machen“ Das ging uns bisher nur halbherzig voran. Auch diese Entscheidungen werden für den einen oder anderen schmerzlich sein.

Stadthalle und Alte Turnhalle sind weitere Einrichtungen über die zu sprechen ist. Das jährliche Defizit der Stadthalle ist auf Dauer einfach zu hoch. Im Moment ist es auf Grund der Auswirkungen von Corona sicher schwierig, hier ein schlüssiges Konzept vorzulegen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben, hier muss etwas auf den Tisch gelegt werden. Entweder Einnahmensteigerung oder Ausgabenreduzierung, ein weiter so kann es nicht geben.

Etwas anders sieht es bei der Alten Turnhalle aus, die sehr gut nachgefragt ist. Hier gilt es die Mieteinnahmen verbessern. Das muss möglich sein, denn die Halle bietet für alle Nutzer ein sehr attraktives Angebot, welches Konkurrenz nicht fürchten muss.

Einige Sätze noch zu den Stadtwerken.

Viel wurde in den zurückliegenden Jahren investiert. Trotzdem hinken wir bei den notwendigen Sanierungen hinterher. Investitionen in die Wasser- und Abwasserinfrastruktur sind und bleiben eine Daueraufgabe. Versäumnisse rächen sich hier bitter. Auch hier müssen wir eine andere Denke an den Tag legen und unsere Entscheidungen verändern. Wie bereits erwähnt hat uns Herr Mergler eindrucksvoll die dringend notwendigen Veränderungen dargelegt.

An die Tatsache, dass alle Bereiche der Stadtwerke seit Jahren defizitär sind, haben sich viele Mitglieder des Gremiums augenscheinlich gewöhnt. Allein das Defizit bei den Parkeinrichtungen sollten alle Alarmglocken schrillen. Auch das kann nicht so weitergehen, hier muss jetzt endlich gehandelt werden. Die jährlich üppig sprudelnden Beteiligungsbeträge der Energieversorgung sind Fluch und Segen zu gleich. Ohne sie wären wir schon längst zum Handeln gezwungen worden.

Bevor ich zum Ende komme, möchte ich mich bei allen bedanken, die an der Erstellung des Haushaltsplanes beteiligt waren. Wir sind davon überzeugt, dass die Verwaltung mit ihnen an der Spitze Herr Bürgermeister, insgesamt ihre Hausaufgaben gemacht hat was Einsparungen betrifft.

Jetzt ist es an uns, dem Stadtrat, die richtigen Weichen zu stellen, strukturelle Veränderungen anzugehen, und das ohne Klientelpolitik.

Niemand kann es wirklich wollen, dass die Erstellung eines genehmigungsfähigen- und nachhaltigen Haushaltes jedes Jahr einem Ritt auf der Rasierklinge gleicht.

Wir bedanken uns bei Ihnen Herr Bürgermeister und der gesamten Stadtverwaltung für ihren Einsatz.

Danke auch an alle Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates für die Zusammenarbeit, auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren und sind.

Ein Dankeschön ebenso an die Presse für die umfängliche Berichterstattung.

Die Fraktion der Freien Wähler stimmt dem Haushaltsentwurf zu.

 

Für die Fraktion der Freien Wähler

Brigitte Riedmann

Fraktionsvorsitzende