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17.03.2020
Haushaltsverabschiedung 2020 der Stadt Lohr

Stellungsnahme der Fraktion der Freien Wähler

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,sehr geehrte Mitarbeiter der Verwaltungliebe Kolleginnen und Kollegen,

fast jeder kennt den bekannten Ausspruch „ Mit vollen Hosen lässt sich gut stinken“ wenn dem so ist, dann sind wir in Lohr, was den Haushalt betrifft, völlig geruchsfrei.

Leider hatten dies einige Kollegen noch nicht bemerkt, oder bemerken wollen, denn bei freiwilligen Leistungen hätte man gerne eine kleine Duftwolke versprüht. Diese Klientelpolitik liebe Kollegen ist angesichts der Haushaltslage absolut unverständlich.

Wie passt das zusammen, wenn wir gemeinsam bei der vorgesehenen Sanierung von stark frequentierten Städt. Gebäuden den Rotstift ansetzen, und dann werden Zuschüsse für nichtstädtische Einrichtungen befürwortet. Das soll mir mal jemand erklären. Liebe Kolleginnen und Kollegen, und das alles augenscheinlich nur wegen der bevorstehenden Kommunalwahl. So macht man sich erpressbar und zum Spielball verschiedener Interessensgruppen. Mit den Antragstellern reden, ihnen erklären warum es nicht geht, wäre das richtige Mittel in der momentanen finanziellen Situation der Stadt Lohr.

Ich kann mich nicht an viele Haushaltsberatungen erinnern, wo so unmissverständlichund eindringlich von Seiten der Kämmerei auf die prekäre Finanzlage der Stadt hingewiesen wurde. Schon bei der ersten Vorberatung war doch klar, es ist alles absolut auf Kante genäht. Schon die kleinste Veränderung bei den Ausgaben bringt alles zum Wanken. Und siehe da, die erhöhte Kreisumlage tat dies.

Vorab schon einmal ein großes Lob an die Kämmerei, und hier an Herrn Morgenroth, der einen tollen Job gemacht hat.

Was den Verwaltungshaushalt betrifft bleibt festzustellen, dass die Einnahmen in einem Missverhältnis zu den Ausgaben stehen. Hier ist der Bogen zum Zerreisen gespannt. Der Höhe der Personalkosten hat auch ihre Ursache darin, dass neue hochdotierte Stellen geschaffen wurden für Einrichtungen, die noch beweisen müssen, dass sie denErfolg bringen, den man sich verspricht. Die Stunde der Wahrheit kommt spätestens dann, wenn der Förderzeitraum vorbei ist, die Kasse weiterhin klamm, und der Erfolg sich nicht eingestellt hat.

Insgesamt drängt sich immer mehr der Verdacht auf, dass die Stadt für die Erfüllung

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aller Wünsche zuständig ist. Über die Finanzierbarkeit machen sich die einzelnen Interessensgruppen keine Gedanken. Das ist dann die Aufgabe von Verwaltung und Stadtrat.

Auffällig auch die Anzahl der Gutachten, ohne die es anscheinend nicht mehr geht. Für alles und jedes gibt es Fachbüros, besetzt mit hochdotierten Experten. Augenscheinlich alles nicht so schlimm, denn es gibt ja Zuschüsse, und das muss genutzt werden. Dabei wird leicht übersehen, dass wir einen nicht unerheblichen Teil selbst finanzieren müssen. Was von den Gutachten ist dann überhaupt und wann umsetzbar? Sind sie dann noch aktuell, schon wieder überholt, oder ein Fall für die berühmte Schublade?

Herr Bürgermeister, es ist ganz offensichtlich, dass sie ein Befürworter von Gutachten sind. Sie lassen stets den Eindruck entstehen, wer deren Notwendigkeit nicht erkennt, versteht nichts von Stadtentwicklung. Es bleibt nur zu hoffen, dass sie auf Grund unserer Finanzlage hier etwas mehr Zurückhaltung üben.

Ja und dann gibt es noch die Gruppe derer die stets und ständig alle Finanzprobleme im Bau und Betrieb der Stadthalle sehen. Doch das ist nur, wenn überhaupt die halbe Wahrheit, denn es gibt noch mehr Verlustbringer. Wir sind uns einig, das Defizit ist auf Dauer zu hoch, hier muss eine Lösung her. Aber bitte eine Diskussion auf sachlicher Ebene und nicht in einer Art und Weise die teilweise schon beleidigend für die Mitarbeiter ist.

Dass bis auf eine geringe Rücklage nichts mehr vorhanden ist, wir inzwischen in die Verschuldung geraten sind, hat seinen Grund in den vielen Investitionen in den zurückliegenden Jahren. Es sind ca. 70 Mio. €. Deshalb möchte ich hier nur einige aufführen, denn darüber wird in der Öffentlichkeitkaum gesprochen. Kindergarten Sendelbach, KG-Steinbach, Feuerwehrhaus Steinbach, Kleinschwimmhalle, Sanierung neue Mainbrücke, Sanierung und Erweiterung Grundschule Wombach, Nägelseeschulzentrum, Alte Turnhalle. Die Investitionszuschüsse an die Freigemeinnützigen Kindergärten usw. usw.

Über die ständig steigenden Defizite bei den Pflichtaufgaben kann man reden, aber hier gibt es keinen oder nur wenig Spielraum. Wir wollen, und das ist unverzichtbar eine gute umfängliche Kinderbetreuung, gut ausgestattet Schulen dann kostet das Geld.Ganztagsbetreuung ist das Gebot der Stunde. Hier zu sparen, wäre sparen an der falschen Stelle. Die notwendige Sanierung der Grundschule Sendelbach lässt sich nicht auf den Sankt

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Nimmerleinstag verschieben. Um die Raumknappheit am Kindergarten Seeweg müssen wir uns schnellstens kümmern.

Plichtaufgabe Feuerwehr.

Die Erstellung des Feuerwehrbedarfsplans macht überdeutlich welche großen finanziellen Herausforderungen in den nächsten Jahren auf uns zukommen. Auch hier gilt, vieles ist ein Muss, aber über einige Punkte kann und sollte man reden. Genügend Freiwillige zu finden, die diese anspruchsvolle Tätigkeit ausführen, ist die größte Herausforderung für alle Verantwortlichen in den nächsten Jahren. Was nützt das schönste neue Gebäude, das optimal ausgestattet Fahrzeug, wenn niemand da ist, der es fährt.

Dauerthema Ausweisung von Gewerbeflächen.

Es müsste doch inzwischen allen klar sein, dass wir in Lohr eine besondere Situation haben. Unsere Topographie, die Talkessellage, die Schutzgebiete, die verkehrlichen Erschließungsmöglichkeiten sprechen doch eine eindeutige Sprache. Es nützt nicht stets und ständig auf die Nachbarkommunen zu verweisen was dort alles geht. Wir müssen uns auf unsere, und zwar auf realistische Möglichkeiten fokussieren. Bei Gewerbegebieten sehen wir nur zwei Möglichkeiten. Die Fläche im Sandfeld, auch wenn dort seit Jahren Stagnation herrscht, und die kleine Fläche im Aller. Das jetzige Krankenhaus Areal bietet sich in Zukunft neben Wohnen auch noch für Dienstleistungsgewerbe an. Alle anderen Vorschläge sind nach unserer Einschätzung Wunschdenken.

Neuausweisung von Baugebieten.

Wo bitte ist die Stadt Lohr überwiegend im Besitz von Flächen? Nur dies ist die Gewähr dafür, dass diese dann auch dem Markt zur Verfügung stehen würden. Wo besteht aus Natur- und Artenschutzrechtlicher Sicht eine gewisse Chance ein Baugebiet auszuweisen? Verweisen möchten wir nur auf die unendliche Geschichte Baugebiet Südlich Steinfelder Straße. Nach heutigem Stand und mit den erschwerten Festlegungen des Freiberger Urteils, wäre auch dieses Gebiet heute nicht mehr umsetzbar. Wenn die Fläche unter dem TZ in Sackenbach genannt wird, hätten wir gerne einen realistischen Vorschlag wie die verkehrliche Erschließung erfolgen kann.

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Wenn das geklärt und umsetzbar ist, werden wir uns nicht verweigern, denn diese Fläche ist im Besitz der Stadt. Unsere Chancen sehen wir hauptsächlich in der Innenentwicklung und Nachverdichtung, sowohl in der Stadt wie auch in den Stadtteilen. Nicht zu vergessen, hierbei brauchen wir keine Ausgleichsflächen. Wir wirken so einer Verödung der Innenbereiche entgegen und einer immer weiter um sich greifenden Flächenversieglung. Wir müssen prüfen, ob es finanziell machbar ist, hierfür unser Förderprogramm auszuweiten, wenn wir an anderer Stelle sparen können.

Ich habe bereits mehrfach auf unsere finanzielle Situation hingewiesen. Bei den diesjährigen Haushaltsberatungen erlebten wir ein Novum.

Die Rechtsaufsicht zeigte uns die rote Karte. So wie vorberaten, ist der Haushalt nicht genehmigungsfähig. Für unsere Fraktion war die Begründung keine wirkliche Überraschung. Wir Freien Wähler nehmen für uns in Anspruch, dass wir schon mehrfach bei den zurückliegenden Haushaltsberatungen darauf hingewiesen haben, dass wir an die Strukturen ran müssen. Es waren oft nur Einmaleffekte, die uns gerettet haben, nichts war nachhaltig. Stets fehlte der Stadtratsmehrheit und auch Ihnen Herr Bürgermeister der Mut endlichdie richtigen Weichen zu stellen.

Welch ein Unding, jetzt so kurz vor der Kommunalwahl die Hebesätze erhöhen, dies kam für zwei Fraktionen nicht in Frage. Das könnte ja die Wähler verschrecken, und Stimmen kosten. Die bereits bekannten Vorschläge wurden wieder präsentiert, obwohl bekannt sein musste, mit Einmaleffekten gibt sich die Rechtsaufsicht nicht mehr zufrieden. Ja, nach der Wahl kann man ja mal über Einsparungen oder Gebührenerhöhungen reden, aber doch nicht jetzt.

Liebe Kollegen, letzteres wird uns sowieso nicht erspart bleiben.

Nicht nur die Haltung von zwei Fraktionen konnten wir nicht nachvollziehen Herr Bürgermeister, sondern auch ihre Begründung warum sie einer Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes nicht zugestimmt haben. „Es wäre das falsche Signal in Richtung der Firmen“ so ihre Begründung.

Ich frage sie, wäre das Signal an die Firmen besser, wenn wir nicht mehr in der Lage wären, in unsere Infrastruktur zu investieren? In unsere Schulen, in unsere Kindergärten, in unsere Straßen.Mögliche Mitarbeiter unserer Betriebe, die mit ihren Familien nach Lohr kommen wollen, schauen sich mehr als nur den Arbeitsplatz an.

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Herr Bürgermeister ich will es ganz deutlich sagen, es war das falsche Signal. Gestört hat uns auch die Formulierung im Beschlussvorschlag, - Die Verwaltung spricht sich gegen die Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes aus. Dies ist nachweislich falsch. Richtig wäre gewesen: - Der Chef der Verwaltung, nämlich sie Herr Bürgermeister, sprechen sich für die Beibehaltung des Gewerbesteuer Hebesatzes aus. Seltsam, warum fällt mir jetzt das Thema Nationalpark im Spessart ein

Es ist doch bekannt, dass sich die Kämmerei nicht ohne Grund unmissverständlich für die Erhöhung beider Hebesätze ausgesprochen hat. Dies war das zweite falsche Signal von ihnen Herr Bürgermeister, und diesmal in Richtung ihrer Verwaltung.

In ihrer Jahresabschlussrede tragen sie alles vor was in den letzten zwölf Monaten unter ihrer Führung umgesetzt wurde. Nach ihrer Lesart ist es stets eine Erfolgsgeschichte. Nur zur Klarstellung, hier sind sie keine Ausnahme, auch bei ihren Vorgängern war dies so. Wir das Gremium, müssen es so entgegennehmen, können nicht reagieren auch wenn wir teilweise anderer Meinung sind. Bei der Haushaltsverabschiedung jedoch, sind die einzelnen Fraktionen am ZugStellung zu den verschiedenen Punkten zu nehmen. Wir Freie Wähler waren bei den bisherigen Beratungen auch nicht mit allem einverstanden. Unter Abwägung aller bis dahin bekannten Fakten haben wir trotzdem mit Ja gestimmt. Seit der letzten Vorberatung sind allerdings Dinge passiert oder bekannt geworden, die wir nicht mehr widerspruchslos hinnehmen können.

Erstes Beispiel Radweg nach Partenstein

Seit Jahren bemühen wir uns diesen Radweg zu bauen. Zeitraum ähnelt dem des Baugebietes Südl. Steinfelder-Straße. Wie kann es sein, dass die Verwaltung nicht merkt, dass dort ein wichtiges Grundstück für die vorgesehene Trasse von einem Privatmann gekauft wird. Alle Kaufverträge werden doch vor der Beurkundung der Stadt zur Einsichtnahme vorgelegt. Es drängt sich der Verdacht auf, dass der Radweg bei ihnen nicht den Stellenwert hat, wie z.B. die Reaktivierung des Stadtbahnhofes. Oder ist es ein weiterer Beleg dafür, dass die Verwaltung wegen ständig neuer Aufgaben nicht mehr dazu kommt, ihre Kernaufgaben mit der nötigen Sorgfalt zu erledigen. Die Erklärung, dass die Stelle für die Städtischen Liegenschaften nicht besetzt ist, entschuldigt nicht alles. Warum dieser schnelle Weggang von zwei qualifizierten Mitarbeiterinnen auf dieser

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Stelle und das innerhalb von kurzer Zeit, darauf hätten wir gerne eine schlüssige Antwort. Was war der wirkliche Grund, weshalb sie sich bei uns nicht wohlgefühlt haben? Ist es evtl. ihr Führungsstil, haben sie den schon einmal hinterfragt? Es tut mir leid wenn ich das so deutlich sagen muss, die Stimmung im Rathaus ist auf dem Tiefpunkt, das ist Fakt.

MSP-Expo

Unter sehr merkwürdigen Umständen kam keine weitere Zusammenarbeit mit der Firma Schmid mehr zu Stande. Die Erklärungen der Firma und von Ihnen Herr Bürgermeister gehen weit auseinander. Für uns als Stadträte bleibt ein fahler Beigeschmack. Und als Krönung wurde dann noch eine Nachfolgerfirma bestimmt, die wie alle anderen Bewerber nicht überzeugen konnte. Sie wollten unter allen Umständen in 2020 eine Ausstellung egal wie. Ob der im Haushalt eingestellte Betrag ausreicht, ist unter diesen Umständen mehr als fraglich.

Oder der Sozialausschuss muss sich mit dem Thema Care 4 Future befassen. Ein Thema, welches absolut nicht in die Zuständigkeit der Stadt Lohr gehört. Die vom Beratungsbüro vorgestellten Strukturen und Netzwerke sind sowohl beim Landkreis wie auch im BKH vorhanden. Außerdem gibt es die Arbeitsgruppen der Gesundheitsregion plus unter Federführung des Landkreises, in denen Mitglieder der einzelnen Kreistagsfraktionen vertreten sind. Eine Auftragsvergabe hätte die Stadt wieder 13 000,-- € netto gekostet. Auch hier musste die Verwaltung wieder Zeit investieren. Warum setzten sie so einen Top, und es war der einzige in dieser Sitzung auf die Tagesordnung? Das Fass zu Überlaufen brachte für uns ihr Abstimmungsverhalten und die Begründung dafür in dieser Woche im HFB. Da die Sitzung ja nö. war nur so viel, Ihr Verhalten ist angesichts der Suche nach Verbesserung der Einnahmen ein absolutes Unding. Als Sahnehäubchen gabs noch Vorwürfe aus ihrer Fraktion in unsere Richtung.

Zum Schluss noch einige Anmerkungen zum Wirtschaftsplan der Stadtwerke. Der Schuldenstand erhöht sich nur deshalb nicht, weil wir Investitionen verschieben. Dies geht auch nur einige Zeit gut, dann holt es uns mit Wucht ein.Wäre nicht die Überschussbeteiligung aus den Gewinnen der Energieversorgung, müssten wir ganz schnell über alle defizitären Bereiche sprechen. Sprechen müssen wir auf jeden Fall, sobald die Verträge auslaufen, wie es mit dem Lohrliner weiter geht. Niemand will ihn abschaffen, aber einiges muss verändert werden.

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Die Größe der Busse, die Taktung der Fahrten, die Linienführung und der Umstieg auf umweltfreundliche Fahrzeuge sind unserer Meinung nach die wichtigsten Punkte. Was den Bau des neuen Parkdecks betrifft, haben wir uns schon mehrfach geäußert.

Wir bedanken uns bei ihnen Herr Bürgermeister, allen Mitarbeitern der Verwaltung und in den sonstigen Einrichtungen der Stadt. Bei allen ehrenamtlich tätigen, bei allen Bürgern die sich für unsere Stadt engagieren.

Unser Dank geht auch an sie liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Zusammenarbeit im Gremium. Dank auch an die Presse.

Nach intensiver und teils auch kontroverser Diskussion innerhalb unserer Fraktion in den letzten Tagen, werden wir nicht mehr geschlossen dem Haushaltsplan der Stadt zustimmen. Einstimmigkeit besteht beim Wirtschafts- und Erfolgsplan der Stadtwerke sowie der Stadthalle. Ebenso stimmen wir dem Haushaltplan der Hospitalstiftung zu.

 

Für die Fraktion der Freien Wähler

Brigitte Riedmann

Fraktionsvorsitzende